Das BfDT (Bündnis für Demokratie und Toleranz) wurde aufgelöst, aber den Jugendkongress gibt es weiterhin. Er ging jetzt über in die Verantwortung der Bundeszentrale für politische Bildung und wir waren wieder dabei.

Jetzt bin ich dabei, ein paar Sätze zum Jugendkongress zu verfassen und dabei geht mir ein Kribbeln durch den Körper. Das Kribbeln kommt beim Betrachten der Fotos und den Erinnerungen, die dabei hochkommen:

  • An die geschichtsträchtigen Orte Berlins, die wir z. B. im Workshop „Rundgang durch den kolonialen Wedding“ kennengelernt haben und die Berühmtheiten, die vor 100 Jahren dort gewirkt haben.
  • An das Stück Berliner Mauer an der Eastside Gallery mit den farbenfrohen, aber auch nachdenklich gestalteten Graffitis, die nichts an Aktualität verloren haben.
  • An das damalige KZ Sachsenhausen, über das uns bei einer Führung grauenvolle Dinge erzählt wurden.
  • An Klaus, den mittlerweile trockenen Alkoholiker, der einige Jahre obdachlos gelebt und zu seinem Lebensunterhalt Flaschen gesammelt hat. Er hat uns „seine Orte“ gezeigt und uns Respekt vor obdachlosen Menschen und den Flaschensammlern gelehrt.
  • An die Preisträger „BotschafterInnen für Demokratie und Toleranz“, die am 23. Mai im Berliner Ensemble für ihren Mut, ihre Zivilcourage und engagiertes Handeln u. a. vom Bundespräsidenten und der Innenministerin geehrt wurden.
  • An unsere Freizeitaktivitäten, im Kino bei „Sonne und Beton“ und mit Thomas Lukow in Hohenschönhausen, der selber einst Häftling war und deshalb sehr authentisch aus der DDR-Vergangenheit berichten konnte.

Es ist üblich, dass die jungen Menschen, die aus unserem Internat zum JK fahren durften, danach ein paar Sätze über ihre Eindrücke verfassen:

Helin

Am 20. Mai begann der Jugendkongress in Berlin. Wir besuchten dort verschiede Workshops sowie Außenforen und lernten dabei ganz unterschiedliche Menschen aus Deutschland kennen. Ich habe mich z.B. für den Workshop „Islamische Jugendkulturen in Deutschland“ sehr interessiert. Auch konnten wir Berlin von verschieden Seiten kennenlernen, unter anderem bei einer Tour durch Kreuzberg wo uns Geschichte des Stadtteils und das Leben damals wie heute erklärt und auch gezeigt wurde. Der Kongress dauerte 4 Tage. Ich fand es schön, weil ich mal was Neues erleben konnte und Berlin aus verschieden Perspektiven sehen und hören durfte.

Fabian

Es war ein sonniger Morgen in Berlin, als sich die Gruppe für das Außenforum "Kolonialer Wedding" traf. Die Vorfreude auf eine spannende Tour mit Bewegung war groß. Dies war ebenfalls unser erster Workshop. Wir warteten auf unseren Guide, der uns durch die koloniale Geschichte Berlins, aber auch Deutschlands führen würde.

Als der Guide (Historiker und hauptberuflich Dozent) schließlich auftauchte, waren wir von seiner freundlichen Art und seinem umfangreichen Wissen beeindruckt. Er begann damit, uns die verschiedenen Aspekte der Kolonialgeschichte Deutschlands zu erläutern, angefangen bei den Beziehungen zu China bis hin zu den afrikanischen Kolonien. Es war faszinierend zu erfahren, wie Deutschland einst eine bedeutende Rolle in der Kolonialpolitik spielte und wie vieles zusammenhing, also z. B. der sog. wirtschaftlich notwendige Aufschwung in Verbindung zu Kolonialismus und dem Einsatz von Sklaven.

Gemeinsam mit dem Guide spazierten wir durch die Straßen Weddings, einem Stadtteil Berlins, der eine besondere Verbindung zur Kolonialgeschichte aufweist. An einem historischen Ort namens Pekinger Platz angekommen, erklärte uns der Guide die Berliner Konferenz von 1884, bei der die europäischen Mächte die Aufteilung Afrikas unter sich beschlossen hatten. Wir diskutierten angeregt darüber, ob der Platz seinen Namen behalten sollte oder ob eine Umbenennung in Erwägung gezogen werden sollte, um die dunkle Kolonialgeschichte Deutschlands anzuerkennen.

Während des Rundgangs durch die umliegenden Straßen wurde uns bewusst, dass viele von ihnen ebenfalls Kolonialnamen trugen, wie die Samoastraße und andere. Es war eine Augenöffnung, wie stark die koloniale Vergangenheit in der heutigen Stadt noch präsent ist und wie wichtig es ist, sich damit auseinanderzusetzen.

Unser nächster Halt war das Robert-Koch-Institut, das für seine Arbeit im Bereich der Gesundheitsforschung und Corona bekannt ist. Der Guide erklärte uns die positiven und negativen Aspekte des Instituts und wie es im Kontext der Kolonialgeschichte steht. Besonders interessant war die Erwähnung von Robert Koch, einer bedeutenden Persönlichkeit in der deutschen Medizingeschichte, der auch an Untersuchungen zur Germanin beteiligt war.

Während wir die verschiedenen Stationen der Tour erkundeten, entwickelten sich lebhafte Diskussionen innerhalb der Gruppe. Es war beeindruckend zu sehen, wie vielfältig die Meinungen und Perspektiven waren und wie sehr uns die Auseinandersetzung mit der kolonialen Vergangenheit Interessierte.

Michael

„2 Flaschen sind ein Brötchen“. Klaus ist im Osten der Stadt zu DDR-Zeit aufgewachsen. Nach der Wende ging der Betrieb, in dem er gearbeitet hat, in Konkurs. Dann wurde ihm gekündigt, weil er die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Ohne Arbeit bekam Klaus keine neue Mietwohnung und so wurde er zwangsläufig zum Obdachlosen. Sein Wille war immer, alleine da wieder raus zu finden, aber das sollte knapp sieben Jahre dauern, vor allem kam ihm der Alkohol in die Quere. Dabei versuchte er stets, im öffentlichen Raum unsichtbar zu bleiben. Und hat uns erzählt, warum es gut war, dass er eines Tages doch von jemandem entdeckt wurde. „2 Flaschen sind ein Brötchen“. Klaus ist im Osten der Stadt zu DDR-Zeit aufgewachsen. Nach der Wende ging der Betrieb, in dem er gearbeitet hat, in Konkurs. Dann wurde ihm gekündigt, weil er die Miete nicht mehr bezahlen konnte. Ohne Arbeit bekam Klaus keine neue Mietwohnung und so wurde er zwangsläufig zum Obdachlosen. Sein Wille war immer, alleine da wieder raus zu finden, aber das sollte knapp sieben Jahre dauern, vor allem kam ihm der Alkohol in die Quere. Dabei versuchte er stets, im öffentlichen Raum unsichtbar zu bleiben. Und hat uns erzählt, warum es gut war, dass er eines Tages doch von jemandem entdeckt wurde. Einige Zeit schaffte Klaus als Erntehelfer in ganz Deutschland, wo es eben gerade was zu ernten gab. Im Winter war es aber in der Stadt dann doch einfacher und vor allem etwas wärmer. Ziemlich in der Stadtmitte, nahe Alexanderplatz, lebte Klaus lange ohne Obdach. Er musste einen „Bunker“ für seine Sachen finden (um die gut zu verstecken) und für die Nacht einen Schlafplatz. Diesen Schlafplatz galt es aber, morgens immer rechtzeitig zu verlassen um nicht negativ in der „Nachbarschaft“ aufzufallen und den Platz damit zu verlieren. Hier geht die Geschichte weiter mit den Worten von:

Lema Haidari

“2 Flaschen sind ein Brötchen“
Mir hat das Außenforum "Zwei Flaschen sind ein Brötchen" am besten gefallen. In diesem AF hat ein Obdachloser seine Geschichte erzählt. Und diese Geschichte hat mich so fasziniert.  
In seiner Geschichte ging es darum wie er auf die Straße gelandet ist und wie er wieder auf die Beine kam.
Als er Arbeitsplatz, Wohnung und seine Eltern verlor, fing er zum Trinken an und dann wurde er zum Alkoholiker und landete auf der Straße. 
Im Sommer kam der Obdachlose gut zurecht auch über Nacht, aber dagegen war es im Winter schwieriger sich warm zu halten. In einem Winter suchte er eine Unterkunft für die Wintermonate. Da kam er an einem Spielplatz vorbei an dem Spielplatz gab es ein kleines Häuschen, wo die Kinder tagsüber spielten.Da dachte sich der Obdachlose super, da kann ich ja den Winter verbringen da regnet und schneit es nicht und ich habe einen Trockenen Platz gefunden. Ich komme spät in der Nacht hin und gehe früh wieder bevor die Bewohner aus ihren Häusern kommen um nicht entdeckt zu werden. 
Eines Morgens hatte er verschlafen und da kam ein kleines Mädchen und fragte ihn hast du gefrühstückt? Der Obdachlose antwortete nein siehst du doch. Das Mädchen ging und kam paar Minuten später mit an Picknickkorb und Thermoskanne zurück. Das Mädchen sagte komm wir frühstücken. Sie frühstückten zusammen. 
Dann bedankte sich der Obdachlose bei dem kleinen Mädchen und sagte, „richte deiner Mama ein Dankeschön von mir aus“. Da eriderte das Mädchen „nein, sag es ihr selber, meine Mama wartet auf dich. Sie möchte wissen mit wem ich mich hier rumtreibe“. 

Der Obdachlose wollte ja nicht entdeckt werden und sagte zu dem kleinen Mädchen „geh du schon mal voraus. Ich komme nach ich muss mein Zeug zu meinem Versteck bringen“. Das Mädchen sagte „nein, du wirst dich dann aus dem Staub machen, ich komme mit“. Das Mädchen ging mit Ihm zu seinem Versteck. Das Mädchen musste dann versprechen das sie sein Versteck niemanden verrät. Er brachte sein Schlafzeug an seinem Versteck und ging danach mit dem Mädchen zu ihrer Mutter. 
Die Mutter sagte zu ihm, „wir beobachten dich schon seit einer Weile“. Und sagte zu ihm „ich lade dich am Sonntag zu Mittag ein aber ohne Fahne also nüchtern“. 
Der Obdachlose bedankt sich für das Frühstück, den Kaffee und Tee und ging.Am Sonntag ging er dann zum Mittagessen bei der Familie vorbei und wie gewünscht ohne Fahne. Ab dem Zeitpunkt war er, dann regelmäßig sonntags, dort zum Essen und stets ohne Fahne natürlich. 
Und so begann er langsam Fuß zu fassen. 

Jetzt denkt Ihr bestimmt warum mich das so fasziniert hat: ja ganz einfach, denn nur so eine kleine Geste hat so viel verändert!

Hier geht’s zum Video 2023:

https://www.bpb.de/mediathek/video/521624/jugendengagementkongress-2023/

Text: Michael Heuer
FreiZeitZentrum